von Sandra Heitzmann
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13. Mai 2024
Von Bulgarien ging es direkt entlang der Schwarzmeerküste über die Grenze nach Rumänien. Der Grenzübergang gestaltete sich dieses Mal etwas komplizierter als sonst. In Bulgarien mussten wir noch einige Zeit an der Grenze auf die Ausreise warten, weil die Zollbeamten der Meinung waren, dass wir zu wenig Maut gezahlt hätten. Irgendwann haben sie dann aber verstanden, dass wir ein Wohnmobil und kein gewerblicher LKW sind. Generell können wir sagen, dass das Mautsystem in Europa noch sehr uneinheitlich und teilweise für schwerere Wohnmobile recht kompliziert ist. Bei der Einreise nach Rumänien dachten dann die dortigen Grenzbeamten, dass wir ein NATO-Fahrzeug wären und was wir denn transportieren würden. Das war auch für uns eine neue Erfahrung. 😊 Nachdem sie alles inspiziert hatten und dann doch von unserem BULLI sehr begeistert waren, konnten wir endlich nach einem sehr langen Vormittag an der Grenze unsere Reise durch Rumänien beginnen. Bis auf das Donaudelta, an das wir aufgrund der Größe und des Gewichts unseres BULLIs nur begrenzt herankamen und welches man auch nur per Boot erkunden kann, sind wir die ersten drei Tage durch ein und dieselbe Landschaft und teilweise auch Ortschaften gefahren. Es ging links und rechts nur an Landwirtschaftsflächen vorbei. Was sicherlich die Wenigsten wissen: In Rumänien bewirtschaften die Landwirte knapp neun Millionen Hektar Ackerland und bauen dort etwa 70 Prozent Getreide - hauptsächlich Mais und Weichweizen - an. Die rumänische Landwirtschaft ist der größte Maisexporteur aus der Europäischen Union. Rund zwei Drittel der Maislieferungen aus der EU kommen aus Rumänien. Generell hat sich der Agrarmarkt in Rumänien in den vergangenen Jahrzehnten sehr stark geändert. Der Großteil der Flächen gehört jetzt ausländischen Investoren, allen voran Hedgefonds aus den USA und Westeuropa, aber auch Chinesen entdecken den Markt zunehmend für sich. Für uns war erschreckend, dass in den rumänischen Städten und Dörfern das Angebot an Supermärkten und Einkaufsläden meist nur auf große Ketten beschränkt ist. Das heißt, in jedem Ort sind wir entweder an Lidl, Penny oder Kaufland vorbeigefahren und das mehrmals. Und wer denkt, dass in den Supermarktregalen dann das regionale Obst und Gemüse liegt, der wird enttäuscht. Die Tomaten kommen aus Spanien, die Gurken aus Holland und die Kartoffeln aus Polen. Die Preise sind trotz der langen Lieferkette immer noch günstiger als die vom Bauern auf dem Markt. Irgendwie ist das eine verrückte Welt. Übrigens haben wir noch nie so viele freilaufende Fasane gesehen wie in Rumänien. Eine ganz andere Welt waren für uns die Schlammvulkane von Berca – ungefähr 130 Kilometer nördlich von Bukarest. Die 30 Quadratkilometer große Kraterlandschaft ist seit dem Jahr 1924 ein Naturschutzgebiet. Fast die Hälfte aller Schlammvulkane weltweit befinden sich in Aserbaidschan. Es gibt noch welche in Bulgarien, Italien und in der Ukraine. Aber die größten Schlammvulkane Europas kann man in Rumänien bestaunen. Und das Beste: Sie sind am aktivsten und eruptieren alle paar Minuten. Schlammvulkane werden zwischen drei und acht Meter hoch und spucken statt heißer Lava kalten Schlamm. Sie entstehen durch kleine Gaseruptionen unter der Erde. Aus einer Tiefe bis zu 3000 Metern befördern diese Eruptionen eine Mischung aus Tonböden und Grundwasser zutage. Uns kam es bei der Wanderung durch die Schlammvulkane von Berca vor, als wenn wir auf einem anderen Planeten wären. Mit diesen Eindrücken ging es dann für uns in ein anderes – weiter sehr faszinierendes Rumänien. Transsilvanien stand als nächstes auf unserer Entdeckungstour. Die bekannte Region im Nordwesten Rumäniens ist etwa so groß wie Bayern und Baden-Württemberg zusammen und wird auch Siebenbürgen genannt. Transsilvanien ist mit dem sonstigen Rumänien kaum zu vergleichen. Es hat aber weitaus mehr zu bieten als den Vampir-Fürsten Dracula. Wir waren vor allem von den Bergen, den endlosen Laubwäldern, saftigen Weiden und Wildblumenwiesen beeindruckt. Die Reise durch Transsilvanien, das oft als "die letzte wirklich mittelalterliche Landschaft in Europa" beschrieben wird, fühlt sich an, als ob man die Zeit um einhundert Jahre zurückdreht. Pferdekarren holpern noch über Feldwege, während Hirten ihre Herden hüten und Dorfbewohner im Sonnenschein Heu wenden oder im Schatten des Ziehbrunnens ruhen. Am Abend sitzen alte Frauen vor ihren Häusern und spinnen Wolle mit der Handspindel, während die Männer rauchend Karten spielen. Eine vielerorts noch ganz andere, sehr schöne und entschleunigende Welt. Als Top-Sehenswürdigkeit in Siebenbürgen gilt das Schloss Bran. An diesem Bauwerk aus dem 14. Jahrhundert führt kein Weg vorbei, da es die damalige Residenz von Graf Dracula sein soll. Bereits der Weg zum Schloss war für uns sehr beeindruckend, denn er führt über eine kurvenreiche Straße hinauf zur Burg, die auf dem Felsen Dietrichstein erbaut wurde. Unseren BULLI haben wir auf einen Parkplatz abgestellt und sind dann in der Abendsonne zu Fuß durch ein Waldstück bis hinauf zur Burg gegangen. Im Inneren erwarteten uns keine übernatürlichen Wesen und Fledermäuse, aber eine sehr interessante Führung mit vielen Informationen. Auf unserer Erkundungstour durch Transsilvanien stand auch das bekannte Schloss Peles. Das einstige Königsschloss erhebt sich über dem Bergdorf Sinaia und besitzt eine so märchenhafte Gestalt, dass es offiziell als Konkurrenz zu Neuschwanstein gilt. Es wurde im 19. Jahrhundert für König Carol I. errichtet und nach dem Bergfluss Peleş benannt. Heute befindet sich in dem Schloss ein Museum mit beeindruckenden Gemäldesammlungen, Skulpturen, antiken Möbeln und Teppichen und vielen anderen kostbaren Gegenständen aus der damaligen Zeit. Höhepunkt unserer Reise durch Transsilvanien war jedoch die Stadt Sibiu – oder auch Hermannstadt genannt. Nicht nur, dass wir in Vorfreude waren, unseren lieben alten Bekannten Lennart hier zu treffen, der vor ein paar Jahren von Deutschland nach Hermannstadt ausgewandert ist, die Stadt an sich hat uns vom ersten Augenblick an sehr beeindruckt. Die einst von den Sachsen „Hermannstadt“ getaufte Stadt war 2007 sogar Kulturhauptstadt Europas und begeistert mit ihrer Geschichte und den prachtvollen Bauten. In der Altstadt gibt es mehrere wunderbare Kirchen, Barockbauten sowie Marktplätze und ganz tolle Restaurants und Bars, die wir zusammen mit Lennart auch ausgiebig getestet haben. 😉 Lennart hat uns auch das Astra-Museum gezeigt - ein Freilichtmuseum auf 42 Hektar rund um die Vergangenheit der sächsischen Siedler. Etwa zehn Kilometer kann man hier durch die Geschichte der Einwanderer spazieren, unter anderem auch an einem See samt Wassermühle vorbei. Für Freunde der Sagenwelt empfiehlt sich ein Gang über die Lügenbrücke. Sie wurde 1860 erbaut, besteht über eine Länge von elf Metern aus Gusseisen und soll angeblich beben, wenn darauf gelogen wird. Dank unseres Tourguides Lennart haben wir Hermannstadt aus einer ganz anderen Perspektive kennenlernen dürfen. Danke, lieber Lennart! Wir werden auf jeden Fall auch ohne BULLI wiederkommen. 😊 Von Transsilvanien ging es dann wieder langsam Richtung Norden mit einem kurzen Abstecher entlang der Transfogaraschen Hochstraße – ein Traum und Muss für jeden begeisterten Motorradfahrer. Leider war die Bergstraße, die eine Höhe von über zweitausend Metern erreicht, in großen Teilen witterungsbedingt noch gesperrt. Kein Problem – so ging es für uns dann doch etwas früher als gedacht ins nächste Land: Ungarn wir kommen!