Viele Norwegenreisende fahren von den Lofoten direkt Richtung Nordkap. Wir haben auf dem Weg dorthin einen kleinen Umweg auf die beiden traumhaften Inseln Andoya und Senja gemacht. Beide Inseln gelten noch als Geheimtipp. Auf jeden Fall war es zu unserer Zeit dort einsamer als auf den Lofoten. Auf der Insel Andoya sind wir an traumhaften Stränden gewandert und haben stundenlang die Mitternachtssonne bestaunt. Bekannt ist die Insel vor allem durch ihre Walsafaris. Hier kann man das ganze Jahr über Pottwale, Orcas und Buckelwale beobachten. Wir haben aber weder eine zweistündige Safari für 370 Euro pro Person mitgemacht noch haben wir einen Wal aus der Nähe gesehen. Andoya beheimatet zudem eine atemberaubende Vogelwelt. Vor allem im Sommer ist sie Heimat einer der größten Papageientaucher-Kolonien Norwegens. Der Papageientaucher ist ein sehr putziger Vogel. Auf unserer Skandinavien-Tour haben wir uns jedoch unsterblich in den Austernfischer und seinen Gesang verliebt.
Mindestens genauso interessant wie die faszinierende Tierwelt war für uns, dass auf Andoya ein europäischer Spaceport gebaut wird. Wir sind direkt an der Baustelle vorbeigefahren. Eigentlich befindet sich Europas großer Weltraumbahnhof in Kourou, Französisch-Guyana. Das gehört als französisches Gebiet zwar zur EU, liegt aber auf dem südamerikanischen Kontinent. Doch in Zukunft sollen auch vom europäischen Kontinent aus Raketen starten. Europa schickte bislang seine Satelliten vom russischen Plessezk aus ins All. Das sieht derzeit jedoch anders aus. Neben Norwegen sind daher künftig auch in Schweden, England und Schottland Raketenstarts geplant. Der erste Raketenstart auf Andoya fand bereits 1962 statt, damals mit Unterstützung der NASA. Neben der Forschung werden hier auch militärische Tests durchgeführt. Der neue Spaceport soll bis 2025 fertiggestellt werden. Bisher konnte man für zukünftige Starts die deutschen Firmen Rocket Factory Augsburg (RFA) und Isar Aerospace gewinnen. Schauen wir mal, was wir alle künftig über Andoya & Co hören werden, und vergessen wir dabei hoffentlich nicht die Wale und diese einzigartige Vogelwelt.
Kurz nach unserem Besuch auf Andoya war ein Raketentest geplant. Wir haben davon jedoch nichts mitbekommen, denn wir waren schon auf der Nachbarinsel Senja, die die zweitgrößte Insel Norwegens ist. Nach Senja kommt man von Andoya in eineinhalb Stunden mit der Fähre. Die Überfahrt kann man im Vorfeld nicht buchen. Von daher würden wir empfehlen, in der Hauptsaison rechtzeitig am Abfahrtshafen zu sein. Über Senja sagt man, es sei wie Norwegen in Miniaturformat, weil sich hier alles findet, was Norwegen zu bieten hat: Fjorde und Steilküsten, Felsformationen und Trolle, Wasserfälle und Nordlichter sowie Rentiere. Das können wir nur bestätigen. Im Anderdalen Nationalpark wandert man durch eine traumhafte Landschaft, die ihresgleichen sucht. Die Straßen auf Senja sind eher schmal und holprig. Wir haben jedoch mit unserem BULLI passierbare Abzweigungen gefunden und konnten die Insel oft für uns allein genießen.
An einem Vormittag ist uns beiden jedoch nach einem Strandspaziergang mit Leo auf unserer Weiterfahrt Richtung Festland fast das Herz in die Hose gerutscht. Auf einmal klingelten unsere Telefone in einem ohrenbetäubenden Lärm und leuchteten rot. Bis wir merkten, dass es unsere Handys waren, dachten wir beide zuerst, dass unser BULLI irgendeine Panne hatte. Im Endeffekt soll es ein norwegischer Testalarm aufgrund eines neuen nationalen Sicherheitssystems gewesen sein. Die Frage, die wir uns noch lange gestellt haben, was macht man, wenn es kein Test ist - keine so einfache Frage. Nachdem wir den Schock verarbeitet hatten, haben wir uns auf den Weg Richtung Nordkap gemacht. Um eines vorweg zu nehmen: Für das Nordkap hat sich jeder einzelne Kilometer bis dahin gelohnt. Mehr davon könnt ihr gerne im nächsten Beitrag lesen.